Mein Name ist Anne. Ich bin 37 Jahre alt, verheiratet und Mutter von 3 Kindern. Ich freue mich sehr darüber, hier ein Kapitel meines bisherigen Lebensweges beschreiben zu dürfen. Denn wenn ich eins aus den vergangenen Monaten mitgenommen habe, dann, das so steinig ein Weg auch sein mag, man ihn mit anderen zusammen ein Stück leichter werden lassen kann.
Sommer 2020, Freunde sind zum Grillen gekommen, Corona sorgt für weltweites Chaos. Ich stehe unter der Dusche und spüre in der linken Brust ein Ziehen und einen harten festen Knubbel. Mir war nicht klar, in welche Richtung es gehen wird. Jedoch stand schnell fest, ich lasse das abklären. Und aufgrund meines sehr lautem Bauchgefühls kam 3 Tage später der große Hammer. „Es ist leider bösartig, Frau Nieland.“ Das sind die letzten Worte, an die ich mich klar erinnern kann. Denn ab dann spielte sich in meinem Kopf ein Film ab. Inklusive freiem Fall ohne Halt. Erst einmal.
Es dauerte Tage, bis ich ein Stück weit verstand, was mich dort ereilte. Ich erhielt mit 35 Jahren die Diagnose Brustkrebs. Zuvor habe ich nicht einmal ansatzweise darüber nachgedacht, dass das Thema einer lebensbedrohliche Krankheit, einmal so nah an mich herantreten würde. Gefühlt waren es immer die Alten, die es betrifft. Aber ich bin doch jung. Mich trifft es nicht. Ziemlich naiv oder doch eher gutgläubig? Denn wie ich feststellen musste, kennt Krebs kein Alter. Er macht kein Halt vor Jung oder Alt. Er kommt und beendet für eine Zeit deine normale Welt. Es beginnt ein neuer Lebensabschnitt und du fängst an zu funktionieren. Dich in diesem riesigen Tal zurecht zu finden und den Gletscher zu erklimmen. Mit allen Hindernissen. Mit allen Höhen und Tiefen.
Meine größte Angst war und ist es noch immer, meine Kinder nicht aufwachsen zu sehen. Ihnen keine Mutter mehr sein zu können. Dass ihr Leben von Angst und Traurigkeit begleitet werden. Jedoch merkte ich recht schnell, dass der Einbezug der Kinder einen enorm hohen Teil zur Therapie beitrug. Denn je mehr wir miteinander sprachen, umso normaler wurde es. Wir versuchten alle gemeinsam, WaltA (so hieß das unliebsame Monster in meiner Brust) zum Auszug zu zwingen. Mit allen Mitteln.
Der Therapieplan beinhaltete alles um WaltA in den Allerwertesten zu treten. Begonnen wurde mit 16 Zyklen Chemotherapie, danach folgte eine Mastektomie der linken Brust mit späterem Aufbau durch Eigengewebe und nun stecke ich mitten in der Antihormontherapie.
Am Anfang fand ich es enorm schwer, meine Familie und Freunde mit einzubeziehen. Ihnen meine Ängste und Sorgen zu benennen. Denn sie hatten es eh schon verdammt schwer. Denn während man selbst seinen Fahrplan abarbeitet, stehen sie am Rand und versuchen für einen da zu sein. Sind dann doch auch irgendwie hilflos. Auch wenn ich ab und an Aufgaben verteilte, um sie mit einzubinden, so war ich dennoch „die mit dem Krebs“. Und wenn wir ehrlich sind, ist es ein Thema, welches gerne gemieden wird. Eben weil es Ängste freisetzt und leider Gottes lebensbedrohlich ist. Ich schrieb meine Gedanken auf. Führte Tagebuch. Leerte meinen Kopf und versuchte so mein Inneres zu sortieren.
Man bekommt binnen weniger Momente die Endlichkeit vor Augen geführt.
Die Angst vorm Tod. Ein Moment, der tiefe Narben hinterlässt.
Für mich persönlich wurde mir im Verlauf der Therapie bewusst, dass der Austausch unter Gesinnten, anderen Betroffenen enorm hilfreich ist. Denn da gibt es diese Verbundenheit, welche sich nicht in Worte fassen lässt. Nur schwer zu beschreiben ist. Denn sie ist da. Und genau darum folgte in diesem Jahr die Umsetzung meines Herzensprojekts.
Während ich also während der Therapie Tagebuch führte, schrieb ich dort alles auf, was mich bedrückte. Oder aber auch einfach nur den reinen „Ablauf“. Ich sah es für mich als eine Art Erinnerung an eine schwere Zeit. Es hat mir sehr geholfen, all die Gedanken los zu werden. Ich konnte mich sortieren und zeitgleich Kräfte sammeln für die nächsten Therapien.
Im Verlauf merkte ich, dass all das was ich da aufschrieb, vielleicht dann doch für das „Außen“ gut wäre. Denn ich stellte fest, dass das Miteinander zwischen Betroffenen und Nicht-Betroffenen schwer war. Oft auch einfach Ratlosigkeit im Raum stand. Sätze einen verletzten konnten, obwohl sie gar nicht so gemeint waren.
Also nahm ich mir ein Herz und begann mein Tagebuch zu einem richtigen Buch werden zu lassen. Schrieb weiter alles auf, was mich bedrückt. Und das immer in dem Moment. Denn mein Ziel war, beziehungsweise ist es, authentische, ehrliche Einblicke zu geben. Denn es wird so wenig über ein Thema gesprochen, welches so viele betrifft. Und ich denke, je offener man versucht mit dem Thema Krebs umzugehen, umso einfacher kann ein Umgang werden. Wir können dadurch mehr Gemeinschaft schaffen und mehr Miteinander und das Wichtigste: Zuversicht und Hoffnung schenken. Denn leider ist klar, dass es eine Krankheit bleiben wird, die das Leben verkürzen und auch beenden kann.
Der Gewinn
Mittlerweile habe ich seit Mai dieses Jahres das Buch im Selfpublishing Verlag veröffentlicht. Der Titel Der Gewinn klingt auf den ersten Blick ziemlich provokant und ich darf vorwegnehmen, dass Krebs für mich in keinster Weise ein Gewinn ist und auch nie werden wird. Aber vielleicht entstehen andere Dinge, Sichtweisen, die sich zum Guten wenden.
Mit meinem Buch möchte ich allen Betroffenen, ABER auch Angehörigen, Freunde, Familie, Nachbarn sagen: Niemand muss diesen Weg alleine gehen. Tauscht Euch aus. Fragt nach. Redet miteinander.
Für manch einen Leser schenkt es Zuversicht in eine noch bevorstehende Zeit, für den anderen ein Gefühl von verarbeiten, wenn einem selbst manchmal die Worte fehlen. Oder aber der komplette Blick von außen betrachtet in die Behandlungsmethoden, Chemotherapie und Operationsverfahren. Mit Humor, schonungsloser Ehrlichkeit und Ernsthaftigkeit zugleich, beschreibe ich die Hürden während einer Krebstherapie. Von der Haare ab Party bis hin zum Schenkelbusen oder aber den schlaflosen Nächten während der Chemotherapie. Ein Drahtseilakt zwischen Kontaktbeschränkungen, Lock-Down und Homeschooling. Stark sein und dennoch Schwäche zeigen. Mit Blick auf das kleine Glück, welches auch dann nicht verloren ist.
Und weil ich in meiner eigenen Familie mitbekommen habe, wie schwer diese Krankheit für Kinder und Eltern sein kann, spende ich mit jedem verkauften Buch 1€ an eine deutsche Krebsorganisation für Kinder. Denn auch hier heißt es: Du bist nicht allein!
Anne
Auf Instagram findet ihr Anne als mausemama. Schaut für eine Vernetzung und Unterstützung gerne bei ihr vorbei...
Ihr Buch Der Gewinn findet ihr direkt über den eingefügten Link.
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