Kürzung der Verhinderungspflege / Ein Interview für picsofcare

1. Wen pflegst Du und wie lange schon?

 

Ich pflege meinen Sohn von Geburt an, seit nun bald 24 Jahren. Justin wurde mit einer schweren Mehrfachbehinderung geboren. Auch wenn er im Laufe seines Lebens große Fortschritte gewonnen hat, braucht er bis heute eine 24/7 Betreuung und Unterstützung in seinen alltäglichen Belangen.

 

2. Was ist deine größte Herausforderung?

 

Meine größte Herausforderung besteht sicherlich darin, den Bedürfnissen meines Sohnes, neben denen meines Jobs gerecht zu werden und alle zusätzlich anfallenden Termine für ihn und mich als Brustkrebsüberlebende, wahrnehmen zu können. Das ist eine alles andere als leichte Organisation, gerade im Hinblick zum letzten Jahr unter Corona. Viele Unterstützungsmöglichkeiten sind weggefallen und Termine miteinander zu koordinieren, dass ist unfassbar schwer geworden, vor allem, weil ich meinen Sohn zu meinen Terminen nicht zwingend mitnehmen möchte, um ihn vor einer Covid-19 Erkrankung zu schützen.

 

3. Was bedeutet für Dich eine Reduzierung der stundenweise Verhinderungspflege?

 

Die stundenweise Reduzierung der Verhinderungspflege würde die kleinen Zeitfenster meiner Auszeiten, massiv kürzen. Vor allem, da ich diese bevorzugt dazu nutze, mir hin und wieder freie Wochenenden zu ermöglichen, um wirklich abschalten zu können. Da es für junge Erwachsene in der näheren Umgebung keine Möglichkeiten der Kurzzeitpflege gibt und er als Autist psychisch extrem sensibel auf Veränderungen reagiert, möchte ich ihm auch weiterhin ermöglichen, an diesen Tagen zuhause in vertrauter Umgebung liebevoll und mit viel Spass umsorgt zu werden.

 

4. Was wünschst Du Dir von der Pflegereform?

 

Zum einen kann ich mich @sophiesanderswelt Worten nur anschließen. Aber ich würde mir auch wünschen, dass die Situation von berufstätigen Pflegenden stärker berücksichtigt wird. Hier wäre es zum Beispiel eine Erleichterung, wenn diese mehr Urlaubstage auf Grund ihres Pflegestatus erhalten. Ein bedingungsloses Grundeinkommen würde manch einem Pflegenden sicherlich auch sehr von Nutzen sein...


Ein Interview erschienen bei picsofcare via Instagram, anlässlich eines Eckpunktpapiers des Bundesgesundheitministeriums der geplanten Pflegereform im kommenden Jahr. In diesem wird vorgeschlagen, dass ein Teil der Verhinderungspflege einer längeren Verhinderung der Pflegeperson vorbehalten bleibt, sprich für stationäre Aufenthalte angedacht ist.

 

Für die stundenweise Inanspruchnahme der Verhinderungspflege sollen hingegen ab dem 1. Juli 2022 nur noch maximal 40% des Gesamtjahresbudgets zur Verfügung stehen. Allerdings ist gerade die Möglichkeit, Verhinderungspflege stundenweise in Anspruch zu nehmen, für pflegende Angehörige im Alltag besonders wichtig. Weiterhin ist für viele Familen und Angehörige die stundenweise Inanspruchnahme der Verhinderungspflege oft die EINZIGE Möglichkeit, diese Pflegeleistung überhaupt geltend zu machen, da nicht ausreichend geeignete Ersatzpflegeangebote/Kurzzeitpflegeplätze zur Verfügung stehen.

 

Zu diesem Thema wurde eine ONLINE Petition gestartet:

 

Keine Einschränkung der Flexibilität von Verhinderungspflege durch die Pflegereform 2021

 

Bitte unterzeichne diese wichtige Petition und leite und teile diese gerne weiter!

Danke für Deine Unterstützung!


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