Der ganz normale Wahnsinn zwischen Familie und Pflege

Hallo, mein Name ist Lex.

 

Geboren wurde ich am 30.08.17. Leider 6 Wochen zu früh. Mein Start ins Leben ist nicht leicht gewesen. In der 13. SSW erfuhren meine Eltern, dass ich mit einer Lippen-, Kiefer- und Gaumenspalte zur Welt kommen werde.

 

Ein Kaiserschnitt wurde geplant, da mein Bruder Neo bereits ein Notkaiserschnitt war. Als die Ärzte mich holten, war kein Ton von mir zu hören. Angst trieb durch den Raum. Meine Eltern waren besorgt und ängstlich, mich nicht sofort zu sehen oder zu hören.

 

Es schmerzt, wenn man sich auf sein Baby freut und es dann doch nicht sehen kann. Man macht sich Sorgen, ob nicht doch etwas schlimmes passiert ist, erinnert sich Lex Mama.

 

Ich kam mit schwerwiegenden Fehlbildungen zur Welt und musste nach der Geburt gleich auf die Intensivstation. Durch meine zahlreichen Fehlbildungen ist meine Zunge in den Rachen geraten und ich bekam keine Luft. Ich musste wiederbelebt und beatmet werden.

 

Meine Diagnosen lauteten:

  •  Pierre Robin Sequenz (Kinn nach hinten verlagert, Zunge im Rachen) mit einer
  • Lippen-, Kiefer-, Gaumenspalte,
  • sowie Goldenhar Syndrom (einseitige Befunde, linkes Ohr + Kiefergelenk fehlt, Hörschädigung bds.)
    • Trachealkanüle (Luftröhrenschnitt)
    • PEG (Magensonde)

Aufgrund meines Zustandes, wanderte ich immer wieder von der Intensiv- zur Zwischenintensivstation, da ich durch meine Fehlbildung schlecht Luft bekam; "zumachte", wie die Ärzte immer sagten und dadurch blau anlief und zusätzlichen Sauerstoff benötigte. Eine Operation für die Legung einer Trachealkanüle (Luftröhrenschnitt), stabilisierte  mich. Durch diese Kanüle atme ich jetzt, anstatt durch den Mund. Seitdem bin ich wie ausgewechselt. Ich kann lautieren und unterhalte mich mit meiner Familie in Gebärdensprache. Zusätzlichen Sauerstoff benötige ich zum Glück nur, wenn ich krank bin. Dann haben wir einen Konzentrator für zuhause und für unterwegs Sauerstoffflaschen. Aber meine ständigen Begleiter sind der Monitor, die Absauge für meine Kanüle, die Erste Hilfe Tasche und natürlich der Wickelrucksack.

 

Seit einem Jahr besuche in einen ganz normalen Kindergarten mit Integrationserziehern. Die bis dato leider nicht viel mit mir gemacht haben. Aber da ich zum Glück nicht alleine unterwegs bin, sondern immer in Begleitung meiner Pflegekraft, langweile ich mich nicht und habe trotzdem Spaß. Die Kinder sind sehr aufgeschlossen und spielen mit mir, egal wie ich aussehe.

Ja, meine Eltern haben das Glück auf Unterstützung, denn ohne den Pflegedienst (20h/Tag) würde allen die Decke auf den Kopf fallen und Neo, mein großer Bruder, mehr als zu kurz kommen. Tagsüber von Mo.-Fr. 8 Stunden und in der Nacht 10-12 Stunden. Am Wochenende genießen wir die Zeit als Familie. Da haben wir nur einen Nachtdienst, wenn genügend Personal da ist. Über das Jugendamt kommt noch eine Einzelfallhilfe zu uns. 2 bis 3x in der Woche darf sie mit mir Frühförderung machen. Für mich ist das Spielen echt toll.

 

Um mein Leben so gut es geht therapeutisch zu fördern, gehe ich zur Logopädie, Ergotherapie und bekomme die sinnesspezifische Frühförderung mit Gebärdensprache. Physiotherapie bekam ich, bis ich laufen konnte. Das war das ursprüngliche Ziel!

 

Bis jetzt habe ich 9 Operationen hinter mir. Weitere Operationen werden folgen. 4 bis 5 werden es bestimmt noch, und was im zunehmenden Alter noch an Korrekturen nachkommen wird, wissen wir bis jetzt noch nicht.

 

Ob da ein GEN-Defekt bei mir dahintersteckt, fragt ihr euch vielleicht?

Nein, die Genetik ist abgeschlossen und es ist eine LAUNE DER NATUR, wie die Ärzte so schön sagen.

 

Meine Familie hat sich dieses Leben zwar nicht ausgesucht, aber sie würden es in keinster Weise ändern. Ohne mich, wären sie dem Thema INKLUSION nie so nahegekommen. Meine Eltern, mein großer Bruder Neo (7.J) und Socke, unser Hund, geben die Hoffnung nicht auf. Durch ihren Optimismus kann ich glücklich und zufrieden durch das Leben tingeln. Das färbt ab, ich bin eine Frohnatur und stecke mit meiner offenen und positiven Art alle an.

Mama sagt: „Die größte Herausforderung ist, dass wir beiden Kindern ein normales Leben ermöglichen. Beiden dabei gerecht werden und mit unserem extra Päckchen als Familie wachsen.“

 

Wichtig ist uns die Aufklärung, dass es Menschen mit Besonderheiten gibt, dass wir trotz allem Spaß am Leben haben, anderen einfach Mut machen und euch die Angst vor uns EINZIGARTIGEN Menschen nehmen. Wir gehören zur Gesellschaft dazu, mit oder ohne Makel. Wir trotzen den Hatern und Mobbern, wir bauen andere Familien auf, wir teilen unsere Sorgen und Ängste. Wir wollen uns zeigen ohne Filter und Friede-Freude-Eierkuchen.

 

Was mich als Lex Mutter wirklich ärgert:

WIR SIND NICHT TEIL DER GESELLSCHAFT, wir schwimmen nur mit und dabei zu sein ist ein Privileg, das man sich verdienen muss. So soll es nicht bleiben. Wir wollen mit der Gesellschaft zusammenleben und dieses schöne Leben

mit euch gemeinsam gestalten.

Uns ärgert, dass wir wegen allem kämpfen müssen. Meist müssen wir bei Anträgen direkt in den Widerspruch gehen und werden erstmal abserviert, als wären wir sonst irgendwer, der sich das Goldene vom Ei wünscht.

Wir müssen tagtäglich kämpfen, als Familie mit INKLUSION, und zusätzlich mit der Situation umgehen, das wir eine Familie sind, die ein Kind pflegt. Die Ämter denken scheinbar, wir hätten zu viel Zeit, als das wir uns mit ihnen streiten. Aber diese Zeit nehme ich mir, denn wir haben ein Recht auf Unterstützung und Hilfsmittel. Viele Familien geben einfach auf. Sie sind vom Kämpfen erschöpft, haben keine Energie mehr ihr Recht zu erkämpfen. Weil sie diese Energie für ihre besondere Familie benötigen.

Wir müssen mehr Unterstützung in diesem Bereich erhalten. Mehr Rechte, denn wir Fragen ja nicht aus Jux und Dollerei nach Hilfsmitteln, Therapiemaßnahmen uvm., sondern weil wir diese dringend benötigen.

 

Warum erhielten wir nicht von Geburt an eine Hilfe zur Seite gestellt, die einem die ersten Schritte in der Pflege und durch den Dschungel der Ämter erleichterte? Eine Hilfe, die nicht nur in den ersten drei Monaten für 20 Stunden kommt, um mal nach dem Rechten zu schauen. Es gibt vereinzelt Ehrenamtliche, die diese Hilfe anbieten - zu wenig und viel zu wenig honoriert und geachtet.


Ihr seid neugierig mehr zu erfahren von Lex und seiner Familie? Dann schaut auf ihren Seiten vorbei!

 

Website: LEXI:VERSUM

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