Als Ärztin für Frauenheilkunde mit der Spezialisierung auf Brusterkrankungen (Senologie) habe ich vor allem mit Brustkrebspatientinnen zu tun. Jede hat ihre ganz eigene Geschichte und zum Glück haben wir in der Medizin in Sachen Diagnostik und Therapie des Mammakarzinoms in den letzten Jahren sehr viele Fortschritte gemacht. Dennoch gibt es immer wieder Momente, in denen ich mich frage, ob wir wirklich genug tun für die Aufklärung, für die Verbreitung von wichtigen Informationen, die im Idealfall schon helfen, bevor eine Brustkrebserkrankung diagnostiziert wird bzw die dazu beitragen, dass wir Brustkrebs so früh wie möglich diagnostizieren. Und in dem Zusammenhang denke ich immer wieder über das Thema Brustdichte nach…
Was verstehen wir unter Brustdichte?
Die Beurteilung der Brustdichte erfolgt normalerweise durch eine Mammografie und basiert darauf, dass die weibliche Brust aus Drüsen-, Fett- und Bindegewebe besteht. Je nachdem welchen Anteil die verschiedenen Gewebearten haben, unterscheidet man verschiedene Dichte-Kategorien. Das „American College of Radiology“ (ACR) hat diese Einteilung erstellt, an der wir uns üblicherweise auch in Deutschland orientieren. Daher liest man in Mammografiebefunden bei der Beurteilung die Abkürzung „ACR“ oder „ACR analog“. Es werden 4 Kategorien unterschieden:
Kategorie1 |
Die Brust besteht überwiegend aus Fettgewebe. Die Brustdichte ist niedrig. |
Kategorie 2 |
Die Brust enthält einen großen Anteil Fettgewebe und vereinzelte Bereiche mit dichtem Drüsen- und Bindegewebe. Die Brustdichte ist moderat. |
Kategorie 3 |
Die Brust enthält mehr Drüsen- und Bindegewebe als Fettgewebe. Die Brustdichte ist hoch. |
Kategorie 4 |
Die Brust besteht fast vollständig aus Drüsen- und Bindegewebe. Die Brustdichte ist sehr hoch. |
Welche Brustdichte eine Frau hat ist in erster Linie Veranlagung und ist zusätzlich altersabhängig. Üblicherweise nimmt die Brustdichte nach der Menopause ab. So haben etwa 45% der Frauen über 40 Jahre eine Brustdichte der Kategorie 3 oder 4 und nach den Wechseljahren etwa 30%.
Was ist das Problem an dichtem Brustgewebe?
Ein dichtes Brustgewebe ist zunächst mal nicht per se ein Problem. Im Bezug auf Brustkrebs gibt es aber zwei ganz wichtige Aspekte:
Frauen mit dichtem Brustgewebe haben ein erhöhtes Risiko an Brustkrebs zu erkranken und in der Mammografie wird Brustkrebs bei dichtem Brustgewebe schlechter gesehen, so dass die Früherkennung erschwert ist. Die Risikoerhöhung für Frauen mit dichter Brust schwankt je nach Studie sehr stark und liegt zwischen 1,5fach und 4fach. Unbestritten ist jedoch, dass eine Risikoerhöhung vorliegt.
Im Bezug auf die Aussagekraft der Mammografie ist die Sensitivität ausschlaggebend. Sie gibt an, bei wie vielen Frauen mit Brustkrebs dieser auch in der Mammografie diagnostiziert wird. Für die verschiedenen Dichte-Kategorien ergeben sich nach einer Auswertung aus dem Mammografie-Screening etwa folgende Sensitivitäten:
Kategorie 1 |
88,9% |
Kategorie 2 |
83,7% |
Kategorie 3 |
79,8% |
Kategorie 4 |
46,2% |
Das bedeutet, dass bei einer sehr dichten Brust nur jedes zweite Mammakarzinom in der Mammografie gesehen wird.
Warum ist es für jede Frau sinnvoll zu wissen, wie dicht ihr Brustgewebe ist?
Wenn eine Frau weiß, dass sie dichtes Brustgewebe hat, kann sie dieses Wissen nutzen, um gezielt andere Möglichkeiten der Früherkennung zu nutzen. Eine (alleinige) Mammografie reicht dann eventuell nicht zur Früherkennung aus. Im Mammografie-Screening wird den Teilnehmerinnen seit einiger Zeit die Brustdichte mitgeteilt, damit sie wissen, wie verlässlich das Untersuchungsergebnis ist. Ein zusätzlich durchgeführter Ultraschall kann die Erkennung von Brustkrebs bei dichtem Gewebe deutlich verbessern. Derzeit wird in Studien untersucht, ob der Ultraschall oder die so genannte Tomosynthese (Schichtaufnahmen der Brust) auch im Screening für Frauen mit dichter Brust eingesetzt werden können. Ich hoffe sehr, dass hier hilfreiche Erkenntnisse für die Früherkennung gewonnen werden.
PD Dr.med. Verena Kirn
Leiterin Brustzentrum
Heilig-Geist Krankenhaus
Akademisches Lehrkrankenhaus der Universität zu Köln
Graseggerstraße 105
50737 Köln
Tel 0221 7491 - 8289
Fax 0221 7491 - 8052
Die Frauenklinik Köln Brustzentrum
Quellen:
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Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG) zum Thema - Mehr Wissen "Brustdichte" vom 03.01.2017
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Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG): Risikofaktoren für Brustkrebs, Brustdichte.
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Gießelmann K, Lenzen-Schulte M.Brustkrebsfrüherkennung: Über die Dichte spricht man nicht. Dtsch Arztebl 2018; 115(27-28): A-1332 / B-1126 / C-1118
-
Chiu SY, Duffy S, Ven Am, et al.: Effect of baseline breast density on breast cancer incidence, stage, mortality and screening parameters: 25-year follow-up of a Swedish mammographic screening. Cancer Epide-miol Biomarkers Rev 2010; 19: 1219–28.
-
Soguel L, Durocher F, Tchernof A, et al. Adiposity, breast density, and breast cancer risk: epidemiological and biological considerations. Eur J Cancer Prev 2017 Nov;26(6):511-520. doi: 10.1097/CEJ.0000000000000310
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